Johann Friedrich Lange, ein begnadeter Geschäftsmann, Gründer, Künstler und Gemeindevorstand ließ hier um 1860 das „Hotel zur Post“ erbauen. Vorher hat es schon andere Gebäude hier am Standort gegeben, aufgeschütteter Bauschutt am Hang des zum Grundstück gehörenden Gartens ist Zeuge dieser verschwundenen Bebauung. Beim Namen „Hotel zur Post“ hat Lange nicht groß überlegen müssen. Er war von 1866 bis 1876 Verwalter der 1. Post, parallel zum Hotelbetrieb. J. F. Lange hatte auch Verbindung zur Kirche, er schuf als Kunstmaler das Altarbild der Grünhainichener Kirche. Die Bauweise des Hotels in Naturstein bis unters Dach mit über 1 m Mauerdicke über der Gründung sind der Kirche sehr ähnlich. Auch die Wasserversorgung des Hotels erfolgt bis heute über dieselbe Leitung wie die der Kirche mit Friedhof, was auf zeitlich nicht große Abstände in Planung und Bau schließen lässt. Im Augustusburger Anzeiger trat J. F. Lange oft als Gastgeber des Bezirksgewerbevereins auf. Alle wohlhabenden Unternehmer der Umgegend verkehrten bei ihm. Ein gut florierendes Geschäft ließ sich dadurch ableiten. J. F. Lange trat 1885 nochmals als Bauherr für die 3. Post 250 m bergab Richtung Bahnhof auf, und 1886 für eine große Scheune auf dem Hotelgrundstück. Die damalige Bevölkerungsentwicklung, gute Geschäftslage und der Platzbedarf bei kulturellen Veranstaltungen ließen die Idee entstehen, an das Hotel noch einen Ballsaal anzubauen. 1893 wurde dann schon unter J. F. Langes Witwe, Frederike Concordia Lange, der große Saal mit Kegelbahn und Vorhalle angebaut. In den nächsten ca. 20 Jahren war das Hotel und der Saal mit Konzerten verschiedenster Art, Theatervorstellungen, Varietéabenden, Tanzbällen und großen Vereinsabenden in aller Munde. Eingemietete Hotelpächter und wechselnde Besitzer taten der Popularität des „Hotels zur Post“ keinen Abbruch. In Sonderverordnungen des Bauamtes wurden den Betreibern 260 Personen bei Stuhlreihenveranstaltungen und 350 Personen bei Tanzbällen genehmigt! Der 1. Weltkrieg unterbrach leider diese dem Gebäudecharakter entsprechende Phase. Eine Baugenehmigung von 1919 für den Spielwarenfabrikant H. Richard Oehme zum Umbau des Hotels zu Wohnungszwecken, war das Ende dieser glamourösen Ära. Aber gut funktioniert hatte der neue Plan nicht, denn die Sparkasse wurde bald Besitzer. Der leer stehende Saal wurde ab 1934 für die Erzgebirgsschau von Holzspielwaren in Kooperation mit der Gewerbeschule genutzt. Die Besucherzahlen waren zufriedenstellend (5.000 im 1. Jahr). Vermutlich durch den 2. Weltkrieg endete auch diese Nutzungsphase wieder.
1938 zog Bruno Horn als Mieter in das Haus. Er stand als Nadelrichter im Adressbuch von Grünhainichen. Wir vermuten, dass er auch den Ballsaal als Werkstatt für eine Nadelrichterei gemietet hatte.
Nach dem 2. Weltkrieg übernahm er das Objekt und gründete die Bruno Horn GmbH und Co. KG. Er stellte auf Werkzeugmaschinenreparatur um, was in der DDR gebraucht wurde und exzellent funktionierte. Um die 45 Arbeiter waren beschäftigt. Der Saal, Keller, Kegelbahn, Scheune und das Erdgeschoss wurden als Arbeits- und Verwaltungsräume für die Firma genutzt. Parallel waren Wohnungen in den Obergeschossen untergebracht. Sein Sohn Wolfgang übernahm nach Bruno Horns Tod 1965 die Firma und blieb auch nach der Zwangsenteignung 1972 bis zur Wiedervereinigung 1990 Leiter der Firma. Da Bruno Horns Erben die Enteignung des Hauses sich als Entschädigung auszahlen ließen, und auf eine Rückgabe verzichteten, ging das Haus vorerst an die Treuhand über, und wurde dann an einen privaten Investor verkauft. Bis heute nutzt er erfolgreich das ehem. „Hotel zur Post“ als Mehrfamilienwohnhaus mit Gewerbemietfläche.
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