Dieses Haus war vor der Einführung des Grundbuches um 1850 schon vorhanden. Die alte Ortslistennummer 78 ohne Buchstabenzusatz und die vorliegenden Akten um die Jahrhundertwende 1799/1800 geben zu großer Wahrscheinlichkeit Auskunft auf ein Baujahr um 1800. Als Erstbesitzer und sicherlich auch Erbauer wurde Gottfried Franke im Brandversicherungskataster genannt. Im Einwohnerverzeichnis von 1832 war die kinderlose Ehe seiner Tochter mit Schwiegersohn Carl David Enger aufgeführt.
Anschließend kam die Familie Flade in den Besitz des Hauses. Carl Gottlob Flade sollte eine Familiengeschichte von ca. 150 Jahren fortwährenden Hausbesitzes begründen. Die Inschrift auf dem Türstock von seinem Sohn Fridolin bezog sich wahrscheinlich auf eine Erneuerung des Hauses, nicht auf das Baujahr. 1859 stand Familie Flade als Erste im Grundbuch und bewohnte und bewirtschaftete das Haus mit vielen Generationen. Dabei wurden verschiedene Berufe und Gewerbe aufgeführt. Holzarbeiter, Zimmermann, Maler, Spielzeugmacher, deren Gehilfen und Gesellen sowie Hausfrauen standen in vorhandenen Verzeichnissen von Steuererhebungen, Brandkatastern und Grundbuchakten. Natürlich hatten alle Generationen es verstanden, ihre Kinder für Haus, Handwerk und Gewerbe zu begeistern und damit das Weiterbestehen des Familienbesitzes zu sichern. Dabei musste auch eine gewisse Flexibilität und Anpassung an die zeitlichen Umstände vorhanden gewesen sein. Ein Beispiel ist Johannes Flade, der Maler gelernt hatte, und mit über 40 Jahren, während das 2. Weltkrieges, noch einmal Spielzeugmacher wurde und nach dem Krieg Holzspielwaren herstellte.
Über alle politischen Umwälzungen, Diktaturen, 2 Weltkriege und Mangelwirtschaft hinweg verstand es Familie Flade, die Substanz des Hauses und vor allem des Fachwerks zu erhalten, sodass wir heute eines der wenigen erhaltenen Fachwerkhäuser von Grünhainichen bewundern können.
Im Jahre 2004 übernahm Familie Wienert das Haus und setzte die Erhaltung des Fachwerks in ursprünglicher Weise fort. Der Anblick des Fachwerkhauses und die Tatsache, dass auch modernes Wohnen für junge Familien in Fachwerkhäusern möglich ist, lässt uns hoffnungsvoll in die Zukunft schauen, was das Fortbestehen der historischen Häuser in unserem Ort betrifft.
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