Die Einnahme
Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu einer stark zunehmenden Industrialisierung Borstendorfs und ein damit verbundenes Anwachsen des Verkehrs von kleinen und großen Fuhrwerken. Die ursprünglich angelegte schmale, entlang des Baches schlängelnde Dorfstraße, genügte den Ansprüchen der neuen Zeit nicht mehr. Darum wurde in einer Bauzeit von mehreren Jahren bis 1845 diese heutige Straße erbaut, welche man die „Waldkirchner-Eppendorfer Halbchaussee“ nannte. In den Seitenwegen ist die schöne alte Dorfstraße bis in das Oberdorf noch erkennbar, welche jedoch heute an vielen Stellen die Hauptstraße berührt.
Die Benutzung der neuen Straße war gebührenpflichtig, d.h. es musste Wegegeld entrichtet werden. Der Zoll wurde unterschieden je nach Größe des Fahrzeugs, vom „Schiebock“, einer Holzschubkarre, bis zu dem mit vier Pferden bespannten Lastfuhrwerk. Ebenso musste für das Überqueren der Flöha Brückenzoll entrichtet werden. Dazu baute man an dieser Stelle die einstige sogenannte „Einnahme“. Ein Schlagbaum befand sich am Haus. Das Gebäude soll laut Überlieferungen anfangs eingeschossig gewesen sein, welches aber nicht mehr nachweisbar ist. Am 31.12.1885 wurde letztmalig Chaussee- und Brückengeld in Sachsen kassiert. In den 20er Jahren wurde das Gebäude in das Fabrikgelände von Emil Kluge angegliedert und diente als Wohnhaus, u.a. für den Fabrikbesitzer. 2007 wurde die ehemalige Einnahme abgerissen.
Ölhandlung
1924 gründete Emil Kluge die Speiseölproduktionshandlung. Das Fabrikgebäude, welches als .lmühle geplant war, befand sich in der „Brückenberg-Kurve“, rechtsseitig der „Einnahme“. Laut Überlieferungen gab es Streitigkeiten mit dessen Bruder, dem .lmühlenbesitzer Oskar Kluge am .lmühlenweg. Daraufhin widmete sich Emil Kluge nur dem Handel bzw. Verkauf von Speiseölen, später auch technischen Ölen und Futtermitteln. 1928 waren 2 Angestellte und 2 Arbeiter beschäftigt.
Metallwaren Siegfried Muth
1947 gegründete Siegfried Muth einen Handwerksbetrieb für Metallwaren, welcher sich zuerst auf der August-Bebel-Straße 54 befand, ab 1949 dann im Nachbarhaus Nr. 56. Der Betrieb expandierte und man suchte einen neuen Standort. Ab dem 01.07.1954 nutzte die Firma Ing. Siegfried Muth KG die Gewerberäume der ehemaligen Speiseölhandlung zur Pacht. Es wurden Bügels.gen, Laubsägen, Kellen, Spachteln, Hufmesser, Kürschner- und Kerbschnitzmesser hergestellt. 1964 erwarb Siegfried Muth das Gebäude der ehemaligen Holzwarenfabrik Gebr. Schaarschmidt „Am Berg 5“. Die Hauptproduktion wurde verlegt und dieser Standort blieb als „Werk 2“. Im Jahr 1972 kam es zur Verstaatlichung. 1992 musste die Siegfried Muth GmbH Konkurs anmelden. Das Fabrikgebäude wurde 2007 abgerissen. Geblieben ist der Name, denn die Kurve änderte sich im Sprachgebrauch von der „Brückenberg-Kurve“ zur „Muthkurve“.