Fabriknutzung im Wandel der Zeit

Alte Hausnummer: 16D
T-Nr.: B134

Fabriknutzung im Wandel der Zeit

Alte Hausnummer: 16D
T-Nr.: B134

Als 1945 die russische Front von Osten näherkam, so die Überlieferungen, flüchtete eine preußische Fabrik für U-Bootfernrohre und Scherrohre aus Löbau (jetzt polnisch, Lubawa) nach Borstendorf und produzierte im Erdgeschoss. Die Maschinen wurden kurz darauf durch die russischen Besatzer demontiert, in Kisten verpackt und nach Russland verschickt. Amerikanische Soldaten kamen kurz vor dem Abtransport mit 2 Jeeps und begutachteten noch die Maschinen. Nach dem Krieg stellte die Firma Jung Holzschreibservices/-sets im Obergeschoss her. Dies waren Ablagemöglichkeiten mit Holzschnitzereien für Füllfederhalter inkl. Halterung für das Tintenfässchen. Fridolin Seifert, dessen (Kinder)-Bekleidungsfabrik in Chemnitz durch Bombenangriffe zerstört war, produzierte hier in Borstendorf weiter. Als die Verstaatlichung der Fabriken drohte, flüchtete er in den Westen und lies alles zurück. Es entstand nun die VEB Bawafa (Babywarenfabrik), welche in der Fabrik von „Roller-Oehme“ sowie hier Bekleidung für Babys bis 1954 herstellte. Eine Bauzeichnung von 1954 zeigt, dass die VEB (K) Holzwarenfabrik Borstendorf danach im Fabrikgebäude war. Ende der 50er Jahre stellten die Möbelwerke Eppendorf (später Ratiomat) hier Küchen her. Siegfried Muth gründete 1947 einen Handwerksbetrieb für Metallwaren, welcher sich auf der August-Bebel-Straße 54 befand. Danach erweiterte man die Produktion und mietete von 1949 bis 1953 das Erdgeschoss der August-Bebel-Straße 56. Der Betrieb expandierte und man suchte einen neuen Standort. Ab dem 01.07.1954 nutzte die Firma Ing. Siegfried Muth KG die Gewerberäume der ehemaligen Ölhandlung von Emil Kluge (August-Bebel-Straße 2) zur Pacht. Es wurden Bügelsägen, Laubsägen, Kellen, Spachteln, Hufmesser, Kürschner- und Kerbschnitzmesser hergestellt. 1964 erwarb Siegfried Muth nun das Gebäude der ehemaligen Holzwarenfabrik Gebr. Schaarschmidt. Die Hauptproduktion wurde verlegt und der vorherige Standort blieb als „Werk 2“. Nur allein hier in diesem Gebäude wurden 40 Arbeiter beschäftigt. Im Jahr 1972 kam es zur Verstaatlichung. Es wurde erst in VEB Metallwaren Borstendorf – Werk 1 und später in VEB Mechanik Ehrenfriedersdorf umbenannt bzw. angegliedert. Siegfried Muth kaufte die Firma nach der politischen Wende zurück. 1992 musste die Siegfried Muth GmbH jedoch Konkurs anmelden. Die Schleifmaschinen wurden aufgrund der guten Qualität nach der Fabrikauflösung von einer Firma aus den alten Bundesländern abgekauft. Später sollte das Gebäude durch einen neuen Besitzer als Pflegeheim genutzt werden, jedoch kam es nach anfänglichen Umbaumaßnahmen nicht dazu.

Holzwarenfabrik Gebr. Schaarschmidt

Der erste Grundbucheintrag des damaligen Gebäudes ist von 1860 mit dem Besitzer Wilhelm Ferdinand Otto, welcher auch als .lmühlenbesitzer im Haus 16C (Am Berg 2) erwähnt wurde. Nach dem Ende des Französischen Krieges 1871 mussten Reparationsleistungen an Deutschland abgeführt werden (400 Milliarden Goldmark). Aufgrund dieser Einnahmen wurde auch die örtliche Holzindustrie in Borstendorf unterstützt und es konnten etliche Fabriken hier im Ort entstehen. So gründeten auch die Gebrüder Schaarschmidt im Jahr 1872 eine Holzwarenfabrik. Mit Wasserkraft, welche durch einen der 6 Teiche hier am Berg erzeugt wurde, stellte man Kindermöbel, Haus- und Küchenger.te sowie Tivolispiele her. Emil Paul Schaarschmidt, einer der Brüder, kaufte ca. 1895 zusätzlich das Werksgebäude am Seitenweg 1 und stellte Kinderklaviere und Xylophone in besonderer Qualität her. Das Wohnhaus des Fabrikbesitzers 16F (heute Am Berg 3) gehörte auch zum Anwesen. 1887 starb Ernst Louis Schaarschmidt mit nur 47 Jahren und Karl Ernst Günzel war nun Mitinhaber. 1907 gab es einen großen Brand und die Fabrik erhielt nach dem Wiederaufbau ihr heutiges Aussehen nach einem Entwurf von Carl Friedrich Haase, dem Besitzer der damaligen Papierfabriken Siegel & Haase. Der gleiche Baustil forderte hohe Kosten. 1913 wurde das ehemalige Stallgebäude zum Wohnhaus für die Arbeiter umgebaut, ebenfalls 16D (heute Am Berg 5). 1920 ist Friedrich Johann Günzel im Grundbuch für das Anwesen eingetragen. 1922 wurde die Fabrik hier an die Elektrizität angeschlossen. Die Wasserkraft wurde jedoch weiter genutzt. Im Jahr 1928 waren in der Arbeiterzählung 11 Angestellte aufgeführt. Bereits ein Jahr später waren es, vermutlich aufgrund der Weltwirtschaftskrise, nur noch 2 Angestellte. Der letzte Eintrag in der Steuerakte war aus dem Jahr 1930. Danach gab es die Holzwarenfabrik der Gebr. Schaarschmidt nicht mehr. Die Gemeinde versuchte die Günzel`sche Fabrik zu verkaufen. Es gab auch mehrere Interessenten, einer von ihnen war im Jahr 1941 Hans Riegel aus Bonn, der Gründer von Haribo, welcher hier in Borstendorf eine Zweigstelle seiner Gummibärchenproduktion aufbauen wollte. (Das Schreiben mit original Unterschrift findet sich im QR-Code). Leider kam es nicht dazu. 1930 wurde das Wohnhaus des Fabrikbesitzers 16F an den Schachbretthersteller Fritz Arnold verkauft. Die Fabrik wurde 1943 von der 1940 in Hamburg gegründeten Firma Kurt Baum gekauft, welche ebenfalls seit 1943 eine Niederlassung in Chemnitz besaß. Die Hauptbuchhaltung war in Borstendorf, wo auch Kochplatten mit Holzumrandungen und kleine Heizöfen hergestellt wurden. Montagebetriebe gab es noch in Frankenberg, Gornau und Waldkirchen. In der erworbenen Firma Fritz Zacke in Grüna baute man Pumpen und Haushaltsmaschinen. Im September 1946 wurden die Betriebe in Chemnitz, Borstendorf und Grüna unter Treuhandverwaltung gestellt. Das Vermögen wurde aufgrund der politischen Vergangenheit von Kurt Baum eingezogen und seine beiden Firmen 1951 im Handelsregister gelöscht.

Als 1945 die russische Front von Osten näherkam, so die Überlieferungen, flüchtete eine preußische Fabrik für U-Bootfernrohre und Scherrohre aus Löbau (jetzt polnisch, Lubawa) nach Borstendorf und produzierte im Erdgeschoss. Die Maschinen wurden kurz darauf durch die russischen Besatzer demontiert, in Kisten verpackt und nach Russland verschickt. Amerikanische Soldaten kamen kurz vor dem Abtransport mit 2 Jeeps und begutachteten noch die Maschinen. Nach dem Krieg stellte die Firma Jung Holzschreibservices/-sets im Obergeschoss her. Dies waren Ablagemöglichkeiten mit Holzschnitzereien für Füllfederhalter inkl. Halterung für das Tintenfässchen. Fridolin Seifert, dessen (Kinder)-Bekleidungsfabrik in Chemnitz durch Bombenangriffe zerstört war, produzierte hier in Borstendorf weiter. Als die Verstaatlichung der Fabriken drohte, flüchtete er in den Westen und lies alles zurück. Es entstand nun die VEB Bawafa (Babywarenfabrik), welche in der Fabrik von „Roller-Oehme“ sowie hier Bekleidung für Babys bis 1954 herstellte. Eine Bauzeichnung von 1954 zeigt, dass die VEB (K) Holzwarenfabrik Borstendorf danach im Fabrikgebäude war. Ende der 50er Jahre stellten die Möbelwerke Eppendorf (später Ratiomat) hier Küchen her. Siegfried Muth gründete 1947 einen Handwerksbetrieb für Metallwaren, welcher sich auf der August-Bebel-Straße 54 befand. Danach erweiterte man die Produktion und mietete von 1949 bis 1953 das Erdgeschoss der August-Bebel-Straße 56. Der Betrieb expandierte und man suchte einen neuen Standort. Ab dem 01.07.1954 nutzte die Firma Ing. Siegfried Muth KG die Gewerberäume der ehemaligen Ölhandlung von Emil Kluge (August-Bebel-Straße 2) zur Pacht. Es wurden Bügelsägen, Laubsägen, Kellen, Spachteln, Hufmesser, Kürschner- und Kerbschnitzmesser hergestellt. 1964 erwarb Siegfried Muth nun das Gebäude der ehemaligen Holzwarenfabrik Gebr. Schaarschmidt. Die Hauptproduktion wurde verlegt und der vorherige Standort blieb als „Werk 2“. Nur allein hier in diesem Gebäude wurden 40 Arbeiter beschäftigt. Im Jahr 1972 kam es zur Verstaatlichung. Es wurde erst in VEB Metallwaren Borstendorf – Werk 1 und später in VEB Mechanik Ehrenfriedersdorf umbenannt bzw. angegliedert. Siegfried Muth kaufte die Firma nach der politischen Wende zurück. 1992 musste die Siegfried Muth GmbH jedoch Konkurs anmelden. Die Schleifmaschinen wurden aufgrund der guten Qualität nach der Fabrikauflösung von einer Firma aus den alten Bundesländern abgekauft. Später sollte das Gebäude durch einen neuen Besitzer als Pflegeheim genutzt werden, jedoch kam es nach anfänglichen Umbaumaßnahmen nicht dazu.

Holzwarenfabrik Gebr. Schaarschmidt

Der erste Grundbucheintrag des damaligen Gebäudes ist von 1860 mit dem Besitzer Wilhelm Ferdinand Otto, welcher auch als .lmühlenbesitzer im Haus 16C (Am Berg 2) erwähnt wurde. Nach dem Ende des Französischen Krieges 1871 mussten Reparationsleistungen an Deutschland abgeführt werden (400 Milliarden Goldmark). Aufgrund dieser Einnahmen wurde auch die örtliche Holzindustrie in Borstendorf unterstützt und es konnten etliche Fabriken hier im Ort entstehen. So gründeten auch die Gebrüder Schaarschmidt im Jahr 1872 eine Holzwarenfabrik. Mit Wasserkraft, welche durch einen der 6 Teiche hier am Berg erzeugt wurde, stellte man Kindermöbel, Haus- und Küchenger.te sowie Tivolispiele her. Emil Paul Schaarschmidt, einer der Brüder, kaufte ca. 1895 zusätzlich das Werksgebäude am Seitenweg 1 und stellte Kinderklaviere und Xylophone in besonderer Qualität her. Das Wohnhaus des Fabrikbesitzers 16F (heute Am Berg 3) gehörte auch zum Anwesen. 1887 starb Ernst Louis Schaarschmidt mit nur 47 Jahren und Karl Ernst Günzel war nun Mitinhaber. 1907 gab es einen großen Brand und die Fabrik erhielt nach dem Wiederaufbau ihr heutiges Aussehen nach einem Entwurf von Carl Friedrich Haase, dem Besitzer der damaligen Papierfabriken Siegel & Haase. Der gleiche Baustil forderte hohe Kosten. 1913 wurde das ehemalige Stallgebäude zum Wohnhaus für die Arbeiter umgebaut, ebenfalls 16D (heute Am Berg 5). 1920 ist Friedrich Johann Günzel im Grundbuch für das Anwesen eingetragen. 1922 wurde die Fabrik hier an die Elektrizität angeschlossen. Die Wasserkraft wurde jedoch weiter genutzt. Im Jahr 1928 waren in der Arbeiterzählung 11 Angestellte aufgeführt. Bereits ein Jahr später waren es, vermutlich aufgrund der Weltwirtschaftskrise, nur noch 2 Angestellte. Der letzte Eintrag in der Steuerakte war aus dem Jahr 1930. Danach gab es die Holzwarenfabrik der Gebr. Schaarschmidt nicht mehr. Die Gemeinde versuchte die Günzel`sche Fabrik zu verkaufen. Es gab auch mehrere Interessenten, einer von ihnen war im Jahr 1941 Hans Riegel aus Bonn, der Gründer von Haribo, welcher hier in Borstendorf eine Zweigstelle seiner Gummibärchenproduktion aufbauen wollte. (Das Schreiben mit original Unterschrift findet sich im QR-Code). Leider kam es nicht dazu. 1930 wurde das Wohnhaus des Fabrikbesitzers 16F an den Schachbretthersteller Fritz Arnold verkauft. Die Fabrik wurde 1943 von der 1940 in Hamburg gegründeten Firma Kurt Baum gekauft, welche ebenfalls seit 1943 eine Niederlassung in Chemnitz besaß. Die Hauptbuchhaltung war in Borstendorf, wo auch Kochplatten mit Holzumrandungen und kleine Heizöfen hergestellt wurden. Montagebetriebe gab es noch in Frankenberg, Gornau und Waldkirchen. In der erworbenen Firma Fritz Zacke in Grüna baute man Pumpen und Haushaltsmaschinen. Im September 1946 wurden die Betriebe in Chemnitz, Borstendorf und Grüna unter Treuhandverwaltung gestellt. Das Vermögen wurde aufgrund der politischen Vergangenheit von Kurt Baum eingezogen und seine beiden Firmen 1951 im Handelsregister gelöscht.

Februar 2023, Grünhainichener Heimatverein e.V., Textarchiv: Bernd Köhler ✝, Bildbearbeitung: Dietmar Ender