Die Firmengeschichte
Die bisherige Instrumentenherstellung des Ortes, speziell des Geigenbaus in mehreren Familienbetrieben, verlor zunehmend ab Mitte des 19. Jahrhunderts an Bedeutung. Der Grund war der aufstrebende Instrumentenbau in Klingenthal sowie Markneukirchen und man suchte nach Aufträgen und Alternativen. Aufgrund eines Großauftrages auf der Leipziger Messe 1870, welche die Borstendorfer Spielzeughersteller mitbrachten, entstand 1871 die erste Schachbrettfabrik Ernst Wittig. Bis 1889 kamen weitere 4 Schachbrettfabriken dazu: K. P. Uhlig, Heinrich Hunger, Louis Arnold und Gotthard Arnold. Durch die Vielfalt der Artikel gab es immer mehr Aufträge, sodass dieser Zweig um die Jahrhundertwende zum Haupternährer der Borstendorfer Einwohner wurde. Der Lohn war anfangs bei einem 12 – 14 h Arbeitstag sehr niedrig und oftmals musste eine vielköpfige Familie damit ernährt werden.
1872 wurde die „Dame- und Schachbrettfabrik“ von Carl Edmund Uhlig gegründet, welche ab 1883 hier am Standort war und mittels Dampfkraft betrieben wurde. Durch Karl Paul Uhlig wurde die Fabrik ausgebaut und das Sortiment erweitert, sodass es letztlich 225 verschiedene Artikel, darunter Reiseschach, Blindenschach, Rollschachbretter, Mühle, Dame, Halma, Spielkassetten, Holzdomino, Spielmarken, wertvolle Schachspieltische uvm. im Sortiment gab. 1917 wurde die Fabrik an die Elektrizität angeschlossen. Einen großen Aufschwung brachte 1923 die Anschaffung einer „Karstens“ Schleifmaschine mit Absauganlage. Über 2 Brände im Betrieb wurde berichtet, sodass 1 /3 der Belegschaft die ausgefallenen Maschinen ersetzen und mit der Hand hobeln musste. Am Ende des langen 12 Stunden Arbeitstages wurde anhand der Höhe des Spänehaufens die Leistung der Arbeiter gemessen. K. P. Uhlig war sehr bekannt und viele Auszeichnungen wurden der Firma bei Ausstellungen und Messen zuteil.
Ab Ende der 70er /Anfang der 80er Jahre wurde einzig für einen Schweizer Großhändler produziert. Nach 119 Jahren Fabrikgeschichte schloss die ehemals „Dame- & Schachbrettfabrik K. P. Uhlig“, als Letzte der 5 Schachbrettfabriken, im Jahr 1991 ihre Pforten. 2011 kam es zum Abriss des Fabrikgebäudes.
Der Export
Der Export erfolgte bis zum 2. Weltkrieg jährlich von Januar bis August vorwiegend in das damalige „Niederländisch-Indien“, dem heutigen Indonesien oder in die Niederlande selbst. Meist wurden dorthin 100feldige Schachbretter geliefert, welche mit 60 Figuren gespielt werden. Weitere Schachsätze gingen nach Frankreich, Benelux-Staaten, Schweiz, skandinavische Länder, USA und Australien. Borstendorf gewann mehr und mehr an Bedeutung und war mit seinen 5 Schachbrettfabriken der Hauptsitz der Dame- und Schachbrettherstellung in der Welt! Zu Hochzeiten produzierte die „Dame- und Schachbrettfabrik K. P. Uhlig“ 7.000 Schachsätze pro Monat! Die Borstendorfer Schachbrettindustrie hatte in der Zeit der Weltwirtschaftskrise der 20er Jahre keinerlei Sorge um den Absatz der Waren. Jedoch lies der Konkurrenzkampf zwischen den Schachbrettherstellern Borstendorfs die Verkaufspreise sinken. Bis zum Ende der DDR war Borstendorf/Grünhainichen Alleinhersteller von Schachspielen.
Die Herstellung der Schachbretter und Schachfiguren
Für die Herstellung der Schachbretter verwendete man anfangs Lindenholz. Für die dunklen Felder des Schachbrettes wurden die 5 mm starken Lindenbrettchen bei einem örtlichen Bäcker im Backofen gebrannt, nachdem dieser seine Brote aus dem Ofen geholt hatte. Das Herausnehmen der Brettchen war eine schmutzige Angelegenheit, denn sie waren manchmal halb verkohlt oder verbrannt. Später dämpfte man Buchenbrettchen in der Seifertmühle von Wünschendorf und ab den 50er Jahren in der neuen Dämpferei des damaligen Sägewerkes Otto (jetzt Holzhandel Köhler) hier im Ort. Dazu wurden die Brettchen in einem gemauerten Becken geschichtet, abgedeckt und gedämpft, sodass das Buchenholz nun für die dunklen Schachfelder verwendet werden konnte. Nach und nach wurden auch Edelhölzer verwendet.
In den 20er Jahren stieg der Bedarf an Schachbrettern und dadurch auch an Schachfiguren. Diese wurden durch mehrere Schnitzer des Ortes, vorwiegend in Heimarbeit gefertigt. Die bekanntesten Schachfigurenschnitzer in Borstendorf waren Horst Schreiter, Max Schröter, Willy Neuhäuser und Alfred Uhlig. Für einen Figurensatz von 32 Figuren brauchte ein Schnitzer ca. 15 Stunden. Doch der Bedarf wurde immer größer und man bezog die Figurensätze aus Rothental bei Olbernhau. Dort wurden sie in Halbautomaten gefertigt, behandelt und gestrichen. Die Figuren für das Schachspiel gab es dann in 6 verschiedenen Größen. Einzig der Pferdekopf wurde von Alfred Uhlig und Horst Schreiter weiter geschnitzt. Ca. ab den 60er Jahren besaß auch K. P. Uhlig diese Halbautomaten. Horst Schreiter machte sich 1958 /1959 selbständig und schnitzte bis Anfang der 70er Jahre die Pferdeköpfe für die Schachsätze. Danach wurden sie in einer Außenstelle in Grünhainichen gepresst.