Ich bin nicht mehr ganz jung, aber auch noch nicht so richtig alt. Mein Fundament wurde im Jahr 1908 gesetzt, bevor ich Stein auf Stein in die Höhe wuchs. Meine erste Ebene liegt unter der Erdoberfläche. In den beiden oberen Etagen gab es anfangs vier Wohneinheiten, die in Spitzenzeiten von vier Familien bewohnt wurden. Heute bewohnt mich die sechsköpfige Familie Kaden.
Durch die zentrale Lage gegenüber der Borstendorfer Schule wurden meine ebenerdig liegenden Räume zur Gewerbeeinheit bestimmt. Anfangs hatte der „Schul-Otto“ hier sein Geschäft – den Drogerie- und Kolonialladen Otto, der 1954 von Herta und Karl Endesfelder übernommen wurde. Sie haben daraus die „Tannendrogerie“ gemacht, in der es ein großes Sortiment an verschiedenen Dingen zu kaufen gab. Wenn den Schülern gegenüber die Schreibhefte ausgingen, konnten sie hier alles an Schul- und Schreibwaren kaufen. Aber auch Spielsachen, Tapeten und Farben wurden hier gehandelt, weshalb viele Leute von außerhalb zum Einkauf kamen. 1986 übergab das Ehepaar den Laden an Sohn Frank, der das Sortiment um Passfotos erweiterte – die er unten im Keller entwickelte. Außerdem konnte bei ihm Lotto gespielt werden. Bedauerlicherweise musste er das Geschäft 1994 aufgeben. Danach stand mein Erdgeschoss für einige Zeit leer.
Mit Familie Kaden kam im Jahr 2004 frischer Wind ins Haus. Sie haben sich in den oberen Etagen gemütlich eingerichtet. Die Räume im Erdgeschoss wurden verändert, da die Vorschriften dies erforderlich machten. So musste meine Eingangstür, welche zur Straßenfront zeigte, leider entfernt werden. Im Folgejahr gründete die Borstendorferin Ines Groschupp ihre „Praxis für Physiotherapie“ mit mehreren Angestellten, in der sie seitdem sehr erfolgreich therapiert. Ich bin gespannt, wie meine Geschichte noch so weiter geht.